Megaspiele

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Tamanegi
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Megaspiele

Beitrag von Tamanegi » So 22. Aug 2010, 19:34

oder: Braucht man wirklich 12 Stunden, um ein komplexes Spiel fertigzuspielen?

Wir haben ja einige Spiele im Schrank und in unseren privaten Sammlungen, die man nicht mal eben so spielen kann: Arkham Horror, Descent, Ringkrieg und Shôgun, um mal nur ein paar zu nennen. Die meisten von uns fassen die meisten dieser Spiele nicht einmal mit der Kneifzange an, und bei Descent kommt immer wieder die gleiche Spielrunde zustande.

Der Grund liegt sicher nicht darin, daß die Spiele schlecht sind, sondern einfach nur in der langen Spielzeit. Die Ironie ist aber, daß die Spieler für diese lange Spielzeit zum Großteil selbst verantwortlich sind.

Arkham Horror
Bei Arkham Horror sollte ein Spielzug so ablaufen:
1. Versorgung: Alle "getappten" Karten werden wieder "enttappt", jeder Spieler verschiebt seine drei Focusmarker auf der Spielerkarte, und wenn Karten ausliegen, die etwas verlangen (selten mehr als zwei), wird diese Aktion durchgeführt. Maximal 1 Minute, wenn Karten ausliegen vielleicht zwei Minuten.

2. Bewegung: Alle Spieler bewegen sich nacheinander um so viele Felder, wie sie als Bewegung in der Versorgungsphase eingestellt haben. Zwei Minuten.

3. Begegnungen in Arkham: Jeder Spieler, der an einem Ort auf dem Spielplan steht, zieht eine Karte, und führt aus, was auf der Karte steht.

4. Begegnungen in anderen Welten: Wie Begegnungen in Arkham, nur anderer Ort und anderer Stapel. 3. und 4. zusammen dauern etwa eine bis zwei Minuten pro Spieler, also vier bis acht Minuten bei vier Spielern.

5. Mythosphase: Eine Karte wird gezogen und es passiert: Ein Tor öffnet sich (ein paar Sekunden), Monster bewegen sich (eine bis maximal zwei Minuten), ein Ereignis tritt ein (zwei bis drei Minuten höchstens).

Somit sollte eine komplette Spielrunde maximal 17 Minuten dauern, wenn man routiniert ist 6-10 Minuten. Das ergibt bei Anfängern 4 Runden pro Stunde, bei routinierten Spielern (oder in einer Runde mit einem Spieler, der alles moderiert weil er es schon kann) 6-10 Runden pro Stunde. Ein Spiel Arkham Horror dauert etwa 8-15, im Extremfall 20 Runden, sollte also in der Regel in 2 Stunden schaffbar sein.


Descent
Aufbau: Der Aufbau dauert etwa 5 Minuten, das Auswählen der Helden je nach Gruppe 10 Sekunden bis 10 Minuten. Die Startausrüstung auszuwählen kann nochmal 10-15 Minuten dauern.

Eine Runde besteht dann aus:

1. Jeder Spieler ist einmal dran.
a) Entscheiden, ob man rennt, vorrückt, kämpft oder einen Befehl will. Sekunden.
b) Bewegen und eventuell Angriffe ansagen. Eine Minute.
c) Würfel sammeln und den Angriff würfeln. Sekunden.
d) Würfel auszählen. Anfangs 10 Sekunden, später vielleicht auch mal eine Minute.

2. Overlord ist an der Reihe.
Jedes Monster wird einmal aktiviert: Laufen und Angreifen. 5-20 Sekunden je Monster, also etwa 2-3 Minuten.

Somit dauert eine Runde etwa eine Viertelstunde, wenn mal keine Monster auf dem Plan sind (oder nur wenige) geht es auch mal deutlich schneller. Man kann also von 5-6 Runden je Stunde ausgehen. Wie lange ein Dungeon dauert hängt natürlich stark von der Landkarte ab, aber auch hier muß ein Spiel nicht 5 Stunden dauern.


Der Grund dafür?
Was die Dauer des Spiels in die Länge zieht sind die ständigen Unterbrechungen.

Unterbrechung 1: "Meiner ist länger"
Ein Spieler erwähnt, wie viele Würfel er für eine bestimmte Aktion hat, und alle anderen Spieler rufen rein, wieviele Würfel sie dafür haben oder daß sie dafür bei einer anderen Aktion doppelt soviele Würfel hätten. Bald ist die ganze Runde am Vergleichen, wer bessere Fähigkeiten hat, und das Spiel stoppt vorerst.

Unterbrechung 2: "Aber ich könnte... und dann... aber das ist nicht gut..." und: "Geht es vielleicht noch besser?"
Man zählt die Schritte und merkt, daß man das Feld, auf das man will, nicht erreicht. Man zählt nochmal. Man zählt nochmal einen anderen Weg. Dann sieht man ein, daß man da nicht hinkommt und überlegt, wo man sonst hinkann. Dann überlegt man, Monster A anzugreifen, und fragt in die Runde, ob das okay ist. Die Runde überlegt und hat Einwände, man soll doch lieber Monster B angreifen, weil der andere Spieler an Monster A, aber nicht an Monster B herankommt.
Dann wird der Angriff gwürfelt. Man sammelt sich die Würfel zusammen, fragt die Daten des Monsters nach (als ob die etwas daran ändern würden, wie man würfelt), und rollt die Würfel. Dann zählt der würfelnde Spieler. Der Spieler neben ihm zählt auch nochmal nach, ob nichts vergessen wurde, und der Spieler am Zug liest nochmal alle seine Karten durch, ob nicht doch irgendwo noch ein Bonus steht. Mist, dasMonster lebt noch, also muß die gesamte restliche Runde neu geplant werden. Natürlich von allen Spielern und allen Spielern gleichzeitig.

Viele der ernsthafteren Spieler haben ganz einfach verlernt, draufloszuspielen. Man könnte seine Aktion in wenigen Sekunden abhandeln, aber stattdessen wird geplant, abgewogen und neu gezählt, bis alles perfekt ist, und das dauert schonmal ein paar Minuten.
Besonders störend ist es auch, wenn man ein Risiko eingehen könnte, um bei Erfolg von einem Stapel zu ziehen, und anstatt einfach mal zu entscheiden, wird zuerst geschaut, was es in dem Stapel denn so zu holen gibt.
Ich kann hier nur für mich sprechen, aber ich spiele lieber eine Stunde lang lustig drauflos und habe dann verloren, als daß ich vier Stunden lang verbissen perfektioniere und gewinne. Spiele bedeutet für mich Spaß, und Spaß habe ich nicht, wenn das Spiel in Arbeit ausartet. Oder, betriebswirtschaftlich ausgedrückt: Der Zugewinn an Spielspaß rechtfertigt nicht den Mehraufwand.

Unterbrechung 3: Raucherpausen
Okay, der Sucht kann man nicht entkommen. Aber es ist nicht die Schuld des Spiels, wenn ein Viertel der Zeit für Pausen draufgeht.

Unterbrechung 4: "Äh was?"
Wenn Spieler nicht aufpassen und sich lieber mit danebensitzenden Freunden über andere Dinge unterhalten, dann ist es auch kein Wunder, wenn das Spiel länger dauert, weil man mit dem Würfeln auf sie wartet oder ihnen etwas nochmal erzöhlen muß, weil sie es nicht mitbekommen haben. Diese Nichtaufmerksamkeit ist meistens ein Ergebnis anderer Unterbrechungen und bereits zu langer Spieldauer und macht es nur noch schlimmer. Manchmal aber auch das Ergebnis gelangweilter Zuschauer. Leute, der Schrank ist voll! Wenn ihr euch langweilt, schnappt euch ein Spiel, oder spielt direkt bei dem Spiel mit, das ihr sonst stören würdet. Wenn euch weder das Spiel noch die Alternativen im Schrank zusagen, dann könnt ihr auch selbst etwas mitbringen.

Unterbrechung 5: "Wie geht das nochmal?"
Diese Unterbrechung tritt auf, wenn ein Spiel nur selten gespielt wird oder noch relativ unerprobt ist. Eine Spielsituation tritt auf, die eher die Ausnahme ist (besondere Monsterfähigkeit o.Ä.), und niemand weiß, wie sie funktioniert. Dann muß in der Anleitung nachgeschlagen werden. Diese Unterbrechungen werden weniger, wenn man ein Spiel häufiger spielt und auch mal die Anleitung in einem Rutsch gründlich durchliest, wenn man die Regeln eigentlich schon kennt (da entdeckt man viele Kleinigkeiten, die man sonst übersehen oder nicht gefunden hätte) und gerade NICHT am Spielen ist (also keinen Zeitdruck hat).
Manchmal ist auch einfach die Anleitung schlecht aufgebaut - in dem Fall gibt es unter Garantie im Internet eine inoffizielle Überarbeitung mit viel besserer Übersichtlichkeit.

Ein Spiel ist dann gut gespielt, wenn das Spiel mehr Spaß gemacht hat als die Nebenbeschäftigungen, von denen man sich ablenken läßt, und nicht, wenn man am Ende seiner Nerven ist und gewonnen hat.
LΓ"$",8

Janosch
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Re: Megaspiele

Beitrag von Janosch » Mo 21. Feb 2011, 18:55

Megantwort!

Nun ich weil meine zum teil unqualifizierten Einwände dazu klarstellen, wenn es um verzögerungen geht.

1.) Wir sind die SKG, ein Spieleverein. Verdammte dauerzocker. Ist bei ner Lan nicht anders und da beschwert sich auch kaum einer.

2.) Verdammte Perfektionisten^^, sonst siehe 1.

3.) Ist sowieso nur ungesund,

4.) Wer Freunde hat verdirbt anderen den Spaß.

5.) Nur insofern schlimm, wenn man das gleiche immer wider nachfragt.
Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.

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